Vor kurzem habe ich mich bei euch "geoutet".
Als Alleinerziehende (oder kurz "AE", wie ich direkt durch eure Kommentare gelernt habe) ist man mit dem ständigen Druck, nicht auszureichen, nicht alles zu schaffen, eventuell sogar versagt zu haben, immer konfrontiert. Die Gesellschaft lässt dich in dem Glauben, als Einelternfamilie nicht vollwertig zu sein und dem Standard nicht zu genügen.
Auch ich habe versucht diesem Druck stand zu halten. Habe Kräfte gesammelt, verbraucht und neue Kräfte lokalisiert. Habe gearbeitet, geplant, organisiert, gefürchtet, gebangt...
Bis ich irgendwann sagen musste:
Ich kann nicht mehr!
Ich lebe jetzt seit fast eineinhalb Jahren alleine mit dem Mädchen. In dieser Zeit habe ich Gutes erfahren, aber auch einiges eingesteckt, und dadurch einiges gelernt.
Ich bin
zufrieden alleinerziehend.
Ein paar neue Leitsätze haben sich in meine Lebensart eingeschlichen und festgesetzt. Sie gelten nicht nur für mich, nicht nur für Alleinerziehende. Bestimmt auch für DICH.
Lies es durch, schreib es ab, druck es aus!
Ich muss nicht alles Schaffen.
Plötzlich trägt man die ganze alltägliche Verantwortung allein. Natürlich gibt es den Kindsvater (bzw. die Kindsmutter), der sich nach wie vor rührend kümmert. Doch das Gefühl auf einmal allein zu stehen, ist unbestreitbar da.
Ich muss das jetzt alleine schaffen.
Der Gedanke macht Angst und wirkt erschöpfend. Der zu bewältigende Berg an verschiedenen Verantwortlichkeiten ist riesig. Das Auto muss zum TÜV, die Heizung muss gewartet werden, der Telefonanschluss funktioniert nicht, die Jalousie ist defekt, das Kind muss zum Arzt, der Rasen steht kniehoch...
Ich habe damit aufgehört,
alles zu schaffen. Ich habe mir eine 70% Regel angeeignet. Das reicht... 70% müssen laufen, der Rest ist egal... Hier mäht niemand den Rasen, während ich das Essen koche, er wächst dann eben eine Woche länger. Hier
hängt niemand die Wäsche auf, während ich die Küche wische, so lange wir nicht am Boden kleben ist alles gut. Tja, ich mache eben nur eines von beiden. Dann wird eben nicht gebügelt. Dann gibt es eben nur einen Blogbeitrag pro Woche.
Und vielleicht muss man auch gar nicht alles allein schaffen? Es gibt immer jemanden, der einen hilfreichen Tipp hat oder gleich mit anpackt. Nach Hilfe fragen ist nie leicht und in dem Moment, in dem man
alleine da steht, will man allen noch viel mehr zeigen, dass man es
packt. Was du davon hast? Nichts, außer einer nie enden wollenden Todoliste.
Ich muss nicht immer Ja sagen.
denn manchmal ist eben ein Nein die richtige Antwort.
Aber gerade nach einer Trennung, will man um keinen Preis die Gemüter gegen sich aufwiegeln. Also sagt man ja... ja ja ja... na klar, natürlich.
Dass ein NEIN dich viel stärker machen kann, hab ich in
diesem Beitrag gezeigt.
Ich muss nicht perfekt sein.
Die Wohnung
knirscht, das Spülbecken ist fleckig, frische Wäsche wird aus dem Berg
unsortierter Kleidung gezogen, linke und rechte Socken passen nicht
zusammen und die Haare haben schon eine ganze Weile nichts außer dem
Standard-Pferdeschwanz erlebt.
Hier war doch sonst immer alles picobello und tadellos?
Ich vergesse Termine und lasse meine Hausschlüssel an jeder Ecke liegen. Ich verkoche das Gemüse und lasse die Nudeln anbrennen.
Ich war doch sonst immer so strukturiert und durchgeplant?
Ich
bin mir heute bewusst, dass Fehler machen dazu gehört. Nicht nur zu mir
als alleinerziehende Mama, sondern zum Leben und zu jedem anderen
Menschen auch.
Ich mache Fehler! Ich wette auch in diesem Blogbeitrag findest du mindestens 5 Tippfehler (Wehe, ihr sucht jetzt danach! )
Ich messe mein Selbstwertgefühl nicht an meiner Leistung.
Ich leiste, was ich leiste. Und das was ich leiste ist enorm! Meistens... manchmal auch nicht... Manchmal hänge ich nur ab. Sitz mit dem Mädel vorm Fernseher. Schmeiße bloß dinoförmige Hähnchenschnitzel in den Ofen, verzichte abends auf Abschminken.
Na und? Ändert das etwas an meinem Wert?
Absolut nicht!
Ich darf genießen.
Jedes zweite Wochenende und jeden Mittwoch ist das Mädchen bei ihrem Papi.
Diese Zeit gehört mir. Ich nutze sie nicht, um den liegengebliebenen Haushalt zu erledigen. Ich mache Dinge, die mir Spaß machen, die ich mit Kind nicht machen kann und die mir neue Energie geben. Ich gehe aus, ich treibe Sport, ich treffe mich mit Freunden. Und das mache ich ohne schlechtes Gewissen!
Mir ist völlig klar, dass ich der Mittelpunkt und die Basis für meinen kleinen Menschen bin. Aber das kann ich nur dann sein, wenn ich mich selbst wichtig nehme.
(Sucht ihr immer noch nach Tippfehlern? Poah! Jetzt lese ich doch noch mal Korrektur!)
Ich darf gleichgültig sein.
Nein, es ist mir nicht völlig egal, was andere über mich reden und von mir denken. Gerade zu Anfang ging mir insbesondere das Gerede sehr nah. Warum mögen mich manche Menschen auf einmal weniger? Eine Trennung ändert den Menschen doch nicht! (Zumindest nicht sofort und unmittelbar.)
Ich habe mir so viele Gedanken gemacht. Wollte es allen recht machen.
Aber ich habe gelernt. Ich bin jetzt gleichgültiger. Wer mich so nicht mag, wie ich bin, für den werde ich mich nicht mehr passend machen.
Es trifft mich immer noch, aber mittlerweile ist es mir öfter egal, als dass es mich berührt.
Ich brauche mit nicht rechtfertigen.
Denn ich habe keine Schuld. Und auch sonst hat niemand Schuld.
Das Leben ist wie es ist und es geht seinen Weg.
Ich mach das Beste draus.
Das spricht für sich selbst, oder? Klar, den finanziellen Einschnitt merke ich... aber auch von günstigen Lebensmitteln wird man satt. Auch gebrauchte Kleidung hält uns warm. Und ein besonderes Event, wie ein Kinobesuch, ein dickes Eis in der Eisdiele oder sogar ein kleiner Urlaub wird dafür umso mehr zelebriert.
Diese Leitsätze befolge ich immer und überall!
... nicht!
Dieser Blogbeitrag ist nämlich auch ein kleiner Apell an mich.
Ich muss mich immer wieder daran erinnern und lerne immer wieder dazu. So läuft`s im Leben.
Oder wie seht ihr das?
Lieblingsgrüße!