Nach etwas mehr als einem halben Jahr als Gewerbetreibende sehe ich mich natürlich noch nicht als Profi, aber ich habe sehr viel dazu gelernt und recherchiert.
Mein gesammeltes Wissen möchte ich nun mit euch zu teilen. Viele von euch nähen selbst, einige haben bereits ein Kleingewerbe, andere stehen vielleicht auch vor der Frage:
Kleingewerbe? Ja oder nein?
Bitte beachtet, dass ich hier keine Rechtsauskunft gebe! Ich teile das, was ich selbst weiß und erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Ein Gewerbe eröffnet sich nicht nebenbei und kostet viel Zeit. Bitte recherchiert ausgiebig bevor ihr diesen Schritt geht!
Wie jetzt... Lizenzrecht? CE?
Das Thema Lizenz ist ein ganz wichtiges aber, wie ich finde auch sehr schwieriges Thema.
Denn du musst vor der Eröffnung deines Gewerbes wissen: Du darfst nicht alles "einfach so" in den Verkauf bringen.
Einige Artikel brauchen besondere Kennzeichnungen (die sogenannte CE-Kennzeichnung), andere dürfen gar nicht verkauft werden und auch nicht alle Materialien darfst du für den Verkauf verwenden.
Was ist das CE-Kennzeichen?
Das CE-Kennzeichen ist eine Markierung am Artikel, der aussagt, dass der Artikel bestimmte Bedingungen erfüllt. Damit zeigst du, dass dein Produkt mit den europäischen Richtlinien zur Produktsicherheit übereinstimmt.
Welche Artikel benötigen ein CE-Zeichen?
Ein CE-Zeichen benötigen alle Spielsachen, wie zum Beispiel Kuscheltiere, Spieluhren, Rasseln, Beißringe, Puppenkleidung, Luftballonhüllen, Stoffbücher usw. Alles was von Kindern benutzt wird oder von Kindern mit Spielzeug verwechselt werden könnte, benötigt eine Kennzeichnung. Dazu zählen beispielsweise auch Sofakissen in Eulenform oder witzige Schildkröten-Nadelkissen, kleine Tiergeldbören mit Reißverschluss-Maul usw.
Achtung, auch Wärmekissen, Schnullertaschen, Schnullerketten, Pixibuchhüllen fallen unter diese Kennzeichnungspflicht.
Edit:
Charlotte von Freischnauze hat für uns noch ein gutes Zitat von WirmacheSpielzeug.eV gefunden:
Wir werden oft gefragt, ob quadratische Kinderkissen – z.B. Tauf- und Namenskissen – auch als Spielzeug einzuorden sind und die CE-Kennzeichnung benötigen. Quadr. Babykissen (z.B. mit Geburtsdatum etc.) sind zwar nicht zwingend als Spielzeug einzuordnen (Grauzone), aber sie sind ein Babyartikel. Nach Richtlinie 2005/84/EG werden Babyartikel als „jedes Erzeugnis, das dazu bestimmt ist, den Schlaf, die Entspannung, die Hygiene, das Füttern und das Saugen von Kindern zu erleichtern“ definiert.
Als Babyartikel definiert sind somit u.a. auch:
* Lätzchen
* Schnullertaschen
* Wickelauflagen
* Babydecken
* Geburts-/Tauf-/Namenskissen
* Stillkissen/Lagerungshilfen (eventuell auch CE-Kennzeichnung als
Medizinprodukt Klasse I)
* Nestchen/Babybettumrandungen
* Babyschlafsäcke
* die dem Baby zugänglichen Teile von Babyschalen/Autositzen,
Kinderwagen/Buggys und Tragehilfen
* Hochstühle und deren textile Teile
* Babyhängematten
* Baby-Kirschkernwärmekissen (CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt
Klasse I)
Babyartikel fallen unter die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und dürfen daher auch nicht mit einem CE-Zeichen für Spielzeug versehen werden. Dennoch wird die Sicherheit von Babyartikeln oft nach der Spielzeugnorm EN 71 überprüft, da Spielzeug und Babyartikel
ähnliche Risken aufweisen.
Achtung!
Anders verhält es sich bei Kissen in Kuscheltierform oder bei Kissen, die
Fühlelemente aufweisen. Diese sind als Spielzeug einzuordnen und bedürfen
der CE-Kennzeichnung für Spielzeug.
Wie prüfe ich, ob meine Artikel mit den Vorschriften übereinstimmen?
Für die Produkte, die du im Umlauf bringst trägst du die Verantwortung. Du selbst musst dafür sorgen, dass Kleinkinder sich nicht an den Augen eines Kuscheltieres verschlucken oder mit den zu langen Bändern einer Schnullerkette strangulieren könnten.
Ob dein Artikel den Richtlinien entspricht, prüfst du selbst. Das fängt bereits beim Materialeinkauf an.
Diese Prüfungen müssen ausreichend dokumentiert werden, eine Prüfung beim TÜV oder anderen Einrichtungen ist aber nicht nötig. Allerdings trägst du allein die Verantwortung dafür, dass dein Artikel sicher ist, und wirst zur Rechenschaft gezogen, falls sich ein Kind an Kleinenteilen verschluckt oder an dem Artikel verletzt.
Wie genau so eine Prüfung aussehen muss, welche Vorschriften eingehalten werden müssen usw. kann ich dir leider nicht sagen.
Sind dein Artikel und die verwendeten Materialien ausreichend geprüft und entsprechen den Vorschriften, so darfst du das CE-Zeichen am Artikel anbringen (nicht nur auf der Verpackung).
Auf dieser Kennzeichnung muss das CE Zeichen vermerkt sein und die vollständige Adresse des Herstellers.Auch Dawanda hat endlich einen Eintrag zum Vertrieb von Spielzeug in die Richtlinien übernommen. [Quelle: WirmachenSpielzeug.eV]
Was ist noch wichtig?
Das CE-Kennzeichen ist kein Gütesiegel im eigentlichen Sinne. Es bedeutet also nicht, dass der Artikel mit CE Kennzeichnung einen Qualitätsvorsprung gegenüber anderen hat.
Weiterhin darfst du nicht damit werben, dass dein Artikel eine (selbstverständliche!) CE-Kennzeichnung vorweist. Ein Verstoß dagegen hat hohe Bußgelder zur Folge.
Mehr Infos findest du zum Beispiel auf der Seite Wir machen Spielzeug oder hier. Es viiiiiel Text, viel durchzuarbeiten, viel zu überlegen, viel zu verstehen... Deshalb habe ich auch längst meine CE-Artikel aus meinem Shop genommen, bis ich selbst durch das Gewusel steige.
Und was ist mit dem Lizenzrecht?
Tja, selbst wenn du bisher alles beachtet hast, zertifiziertes Spielzeug herstellst, die Materialien kennzeichnest und nur die hochwertigsten Stoffe verwendest, du darfst längst nicht alles verkaufen, was du willst!
Es ist gesetzlich verboten, Artikel anzubieten, die mit einem Logo oder Namen einer Firma ausgestattet sind, obwohl sie nicht von dieser Firma stammen. Auch ist es verboten damit zu werben, ein Produkt sei dem Produkt einer Markenfirma ähnlich. Darüber hinaus ist es verboten, Waren zu verkaufen, für deren Herstellung ein bestimmtes Design rechtswidrig kopiert wurde Einen Eintrag dazu findest du auch in den Richtlinien von Dawanda.
Wie sieht es mit Markennamen aus?
Für den Verkauf von deinen Artikeln darfst du auch nicht alle Wörter in deiner Beschreibung verwenden.
Spezielle Markennamen sind geschützt. Eine "Handtasche im Oilily-Stil" oder eine "Disney - Mickey Mouse Mütze" darfst du nicht unter diesem Namen verkaufen. Auch eine Iphone-Hülle oder eine Macbook Tasche sollte man besser anders umschreiben.
Viele Marken, die auf Dawanda unheimlich gerne verwendet, verkauft und gekauft werden dürften so eigentlich gar nicht da stehen. Heidi, Milka, Hello Kitty und wie sie alle heißen. Auch der Name Pixi ist beispielsweise geschützt. Mit den Marken anderer Gewerbetreibender darfst du nicht werben!
Auf der Seite des DPMA kannst du recherchieren, welche Namen, Muster, Logos geschützt sind.
Achtung! Vielfach ist es auch nicht erlaubt Artikel unter ähnlichem Markennamen zu verkaufen. Ein "Hallo Kitty" ist aufgrund der Verwechslungsgefahr ebensowenig erlaubt, wie das "Hello Kitty"
Am einfachsten und sichersten ist es wohl, von vornherein das kreative Köpfchen zu bemühen und sich selbst einen Namen auszudenken. Man riskiert alternativ eine markenrechtliche Abmahnung, die sehr teuer werden kann
Darf ich denn zumindest alle Materialien verwenden, die ich möchte?
Auch das geht leider nicht so einfach.
Viele Designer stellen Stoffe nur für den privaten und nicht für den gewerblichen Gebrauch her. Stoffe mit den bekannten Lizenzmotiven wie das Hallokätzchen und Disneyfiguren sollten auch nicht verwendet werden. Ebenso gilt das für Schlampermäppchen aus Milka-Verpackungen, Shirts mit Africola-Aufdruck oder Tablethüllen mit angebissenem Apfel-Aufdruck
Grundsätzlich gilt: Ist die Marke auf dem von dir hergestellten neuen Produkt zu erkennen, so muss der Markeninhaber damit einverstanden sein.
Über die Marketingabteilung des Unternehmens kann man sich per Mail oder Telefon diese Einverständniserklärung einholen. Das ist natürlich mit Extraaufwand verbunden und man kann selbstverständlich auch ein NEIN als Antwort bekommen.
Unproblematisch sollte es dagegen beim Thema Recycling sein. Dein Produkt darf die Marke des vorherigen Markenproduktes nicht mehr erkennen lassen. So darfst du deine alte Jeans zerschnippeln und daraus eine Kinderjeans nähen. Labels der alten Jeans sollten aber nicht mehr zu sehen sein.
Auch Ikeastoffe stehen vielfach unter dem Verdacht, dass man sie nicht verwenden darf. Es ist jedoch grundsätzlich so, dass man mit dem Kauf von Ikeaprodukten und Stoffen auch das Recht erwirbt, die Stoffe weiter zu verarbeiten.
Solange durch den Verkauf der umgestalteten Ware keine Schutzrechte von Ikea verletzt werden, sollte es eiiiiigentlich kein Problem geben. Es dürfte also aus einem Ikeastoff ein Kissen genäht werden, dieses darf jedoch nicht als "Ikea-Kissen" angeboten werden, da so die Vermutung besteht, dass das Kissen von Ikea selbst hergestellt wurde.
Ich selbst bin bei der Verwendung von Ikeastoffen sehr zurückhaltend. Viele der Stoffmotive sind einfach schon so bekannt, dass man das Label Ikea sofort erkennt.
Im Zweifelsfall wendet ihr euch am Besten direkt an den Hersteller.
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Das war der vorerst letzte Beitrag aus meiner Reihe "Kleingewerbe - Ja oder Nein"!
Die anderen Erfahrungsberichte und Tipps könnt ihr unter dem Label kleingewerbe nachlesen.
Bitte beachtet, dass ich für meine Tipps und Tricks keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebe und ihr in Spezialfällen unbedingt weiter recherchieren solltet. "Frl. Päng hat das aber so gesagt" wird sicher nicht als Ausrede gelten, sollte es mal hart auf hart kommen!
Ich hoffe ich konnte dem ein oder anderen von euch den Einstieg ins Gewerbetreiben etwas klarer machen und euch die Entscheidung dafür oder dagegen erleichtert.
Ehrlich gesagt bin ich schon ein kleines bisschen froh, dass diese Reihe nun vorbei ist. Die Recherche dazu war doch ganz schön anstrengend und aufwendig *zwinker*
Hab ich aber gerne gemacht... für euch!
Lieblingsgrüße
Hallo,
AntwortenLöschenich finde echt toll, was du dir mit dieser Serie für Mühe gemacht hast!
Bzgl. Ikea-Stoffe: Kissenhüllen sollte man daraus nur nähen, enn Ikea nicht auch welche us diesem Stoff herstellt. Gleiches gilt für Vorhänge und Bettwäsche, etc. Einfacher ist die Sache bei Artikeln, die Ikea nicht selbst im Sortiment hat, bspw. Handtaschen. Und man darf diese Artikel nicht mit der Marke Ikea in Verbinudng bringen.
Meiner Meinung nach geht aus einem Text zum Lizenzrecht nicht deutlich genug hervor, dass auch die Herstellung von Produkten aus Stoffen ohne bekannte Motive, rechtlich problematisch sein kann und man sich daher vorab bei jedem Stoffhersteller, dessen Stoffe(oder Webbänder oder Schnittmuster) man verwenden möchte, erkundigen sollte, ob das okay ist.
LG Susann
Hi Du,
AntwortenLöschenvielen Dank für Deine Ausführungen...
Bezüglich der CE-Kennzeichnung hatte ich bisher immer andere Kenntnisse, allerdings ist es sicherlich auch schon ein Jahr her, wo ich mich mal ausführlich damit beschäftigt hatte.
Mein Stand war, dass ich eben nicht einfach ein CE-Kennzeichen annähen darf, sondern der Tüv das Produkt prüft und dann das ok gibt.
Aber wie gesagt, vielleicht habe ich es auch einfach nicht richtig verstanden oder es ist mittlerweile überholt.
VLG
Tessa
Vielen lieben Dank für deine Reihe auch wenn sie leider schon vorbei ist.
AntwortenLöschenIch habe hier einiges gelesen was ich so gar nicht bedacht habe.
Schade das auch du noch nicht durch dieses CE Dickicht durchgedrungen bist. Vielleicht haben wir ja Glück und irgendjemand hilft uns weiter.........
Liebe Grüße Ilona
Ich verkaufe aus gutem Grund keine CE Waren. Es ist mir zu riskant und aufwendig. Da ist absolute Vorsicht geboten.
AntwortenLöschenLG
Ina
Ganz genau! Es sind sooo viele schnuffeltücher, schnuller Bänder und kuscheleulen auf dem Markt... da muss nur einmal (!) Jemand schlechte Laune und Lust jemandem zu schaden, haben...
LöschenHuhu,
AntwortenLöschenich hab mir deine Reihe ausgedruckt und es ist momentan mein Handbuch :-)...vielen Dank für deine Mühe...
sag mal wo hast Du denn deinen Banner, Flyer, Logo etc machen lassen??
LG
Antonia
Mein Logo und das Banner habe ich selbst designt.
LöschenFlyer habe ich noch gar nicht.
Wenn du da ne gute Quelle weißt, sag gerne Bescheid ;)
LG,
Linda
Hallo Linda,
AntwortenLöschenich nochmal :-)...mit welchen Programm hast du das denn Designt ?!?!
Sorry hab davon keine Ahnung...
Danke & LG
Hallo Linda,
AntwortenLöschenvielen, vielen Dank für deine Reihe... ich bin seit ca. 3 Wochen auch kleingewerbebetreibend und dank deiner Reihe (natürlich nicht nur ;) auch sehr gut informiert.
Lieb, dass du deine Erfahrungen mit uns teilst und so manch einen dadurch vor blöden Fehlern (die wir/ich sicherliche trotzdem machen werden) bewahrst!
Ganz liebe Grüße,
Katifee
Hallo Linda! Vielen dank fuer Deine Muehe. Ich bin am ueberlegen ob ich ein Gewerbe anmelde oder nicht, Du hast echt gute Ratschlaege gegeben, die mir weiter helfen, Danke!
AntwortenLöschenLg Nine
Hallo Linda,
AntwortenLöschen(den Namen habe ich bei den anderen aufgeschnappt?!).
Ich finde Deine Gewerbetipps super, eine tolle Geste und Nächstenliebe, schade dass ich Dich erst jetzt im Netz entdeckt habe, wo ich mich schon selbst durch den Gesetzes-Dschungel kämpfen mußte.
Nichts desto trotz, bleiben immer noch Fragen offen oder "ich gleiche zur Sicherheit auch immer wieder gerne ab".
Mit dem Thema CE-Kennzeichnung habe ich mich auch schon oft rumgeschlagen, angekommen ist bei mir : *CE-Kennzeichnung(bei Spielzeug) ist Pflicht, man muss dafür bei einer zentralen Stelle sein Impressum hinterlegen, man kann die "Prüfung" selbst durchführen, haftet natürlich dann auch "im Falle eines Falles" -
ABER wie genau prüfe ich? Dazu konnte ich bisher keine genauen und verständlichen "Anweisungen" finden.
Dem Verein "wir machen Spielzeug" wollte ich deswegen nicht sofort beitreten(nirgens finde ich den Mitgliedsbeitrag und Kündigungsfristen?!) bisher umschiffe ich das Thema "Spielzeug" deshalb auch weitestgehend, obwohl es mich schon reizt.
Warum wird daraus ein so großes Gemeimnis gemacht, ist die Sicherheit unserer Kinder nicht in unser aller Interesse?
Natürlich schnappt man hier und da so einige Richtlinien(vor allem für Kleinkinder) auf - aber man möchte es wenn, dann doch auch gleich vollständig und richtig machen?
Vielleicht weißt du ja mittlerweile mehr darüber?
LG Karin
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