02 November, 2017

Tischmanieren? Brauchen wir nicht! Oder?

Mit Kindern am Esstisch herrschen andere Regeln.
Da findet man nicht selten ein paar Stunden (oder sogar Tage) nach der Mahlzeit noch Nudeln und Ketchupreste an den unmöglichsten Stellen. Unter dem Tisch ist Pipifax! Könner lassen Ketchupnudeln auch im Schuhregal und unter dem Sofa wieder auftauchen.

Früher war das anders, denk ich mir manchmal.
Denn so wie früher bei meinen Eltern läuft es im Hause Pänge  am Esstisch nicht:
Dass nur die Handgelenke auf dem Tisch liegen dürfen, die Unterarme jedoch nicht, war für mich als Kind nicht umsetzbar und erscheint mir heute als Erwachsene ebenso unnotwendig. Dass die kindliche Unterhaltung auf ein Minimum und kindliche Bewegung auf Null beschränkt werden muss, ist mir auch schon immer schleierhaft gewesen. Dass der rohe Matjes auch unter Würgen und mit Tränen in den Augen komplett gegessen muss, lässt mich heute noch schaudern.

Waren die Tischmanieren früher strenger?

Wenn es nach dem Zuckermädchen ginge würde wir komplett neue Regeln aufstellen.
Die Basis des ganzen ist eine äußerst ineffiziente  Zeiteinteilung: 10% Essen, 90% Träumen, Spielen, Herumlaufen.


    So gehts das natürlich auch nicht. Spaß hin oder her, ein paar Regeln müssen sein.
    Aber Regeln, die ohne Hintergrundinformation gesetzt werden, sind schwer einzuhalten.
    Ich erkläre dem Mädchen, dass ich mich gestört fühle, wenn ich ihren Nahrungsmittelmatsch im Mund anschauen muss. Oder dass man Bauchschmerzen bekommen kann, wenn man beun Essen nicht sitzen bleibt, sich sogar schlimm verschlucken kann.

    Deshalb lauten unsere realen Esstischregeln wie folgt:

    1. Wenn es grün ist, wird es zumindest probiert
    Und das gilt auch für alle anderen Nahrungsmittel, die neu oder unbekannt sind. Das Zuckermädchen probiert tapfer von allem einen kleinen Bissen und darf dann auch sagen: Nein, das mag ich nicht!
    Eine Extrawurst gibt es deswegen aber nicht. Das "Nichtgemochte" darf liegen bleiben, sattessen darf sie sich am Rest auf dem Teller.

    2. Besteck ist manchmal nur Dekoration
    Wenn wir zu zweit oder mit unseren Liebsten am Esstisch sitzen und es relativ trockene Nahrungsmittel gibt, habe ich nichts dagegen, wenn sie mit den Fingern isst. Pommes, trockene Nudeln, Kroketten, Salatsticks und Chickennuggets esse ich auch viel lieber mit den Fingern.
    Das macht Spaß.
    Einzige Abmachung: Wenn wir auswärts essen oder "fremde" Leute dabei sind, bleiben die Finger sauber!

    3. Der Mund bleibt zu
    Hier gibt es keine Alternative, da mich persönlich Kaugeräusche extrem aufregen und ich es persönlich sogar respektlos finde, wenn man seinem Gegenüber beim Essen in den Mund schauen muss. Das Zuckermädchen versteht und bemüht sich immer den Mund geschlossen zu halten. Sie vergisst es häufig, aber das ist wohl einfach so bei den Kleinen.
    Erwachsene die mit offenen Mund kauen erwecken bei mir aber direkt ein Gefühl von Hass und Wut. Kennt das noch jemand?

    4. Wir bleiben sitzen, bis wir aufgegessen haben. 
    Wer aufgegessen hat darf fragen, ob es okay ist, wenn man aufsteht. In der Regel ist es so, dass ich lange vor dem Mädchen fertig bin.
    Wenn sie nach einem 9o minütigen Nudeldezimiervorgang immer noch träumend vor ihrem Teller sitzt, räume ich den Tisch schon ein wenig ab, spüle Teller, stelle die Spülmaschine an.  Aber ich frage vorher immer: Ist es okay, wenn ich schon mal ein wenig abräume.

    5.  Mit dem Essen darf man spielen, aber angemessen,
    Mit dem Essen spielen wir doch alle auf unsere Art und Weise. Die Kleinsten matschen, quetschen und drücken im Essen herum und erfahren die Nahrung mit allen Sinnen. Das Zuckermädchen beißt ihr Brot in verschiedene Formen und legt aus den Erbsen und Möhren kleine Gesichter.
    Ich sortiere mein Essen gerne, esse sortenrein zuerst die Zucchinis, dann die Tomaten und am Schluss die Putenfleischstücke. Solange dabei auch gegessen wird, ist das in Ordnung.

    6. Kuscheltiere dürfen in sicherer Entfernung zugucken
    Zu gerne bringt das Mädchen ein Liebling aus der Kuscheltiersammlung mit an den Esstisch. Es soll aus dem Becherchen trinken, von den Kartoffeln naschen und den Mais probieren. Das ist zwar zuckersüß, aber muss wirklich nicht sein. Zum einen lenkt es fürchterlich ab, zum anderen müssen die Tierchen danach eine Runde in der Waschmaschine drehen. Die Tiere dürfen aber gerne dabei sein. Auf dem Tisch sitzen oder einen eigenen Stuhl haben. Während des Essens sind sie aber still!
    Manchmal spricht sie dann doch mit den Kuscheltieren: Nein Euli, jetzt noch nicht. Ich muss erst aufessen, dann können wir spielen. 



    7. Messer und Gabel bleiben unten
    Auch hier gibts keine Diskussion! Schwingende Messer wirken wie Drohgebärden, tanzende Gabeln werfen Nahrungsmittel durch den Raum. Nicht schön für das Gegenüber.

    8. Gegessen wird am Esstisch... meisten
    An so manchem Sommertag picknicken wir Mittags auf dem Rasen.
    Gelegentlich feieren wir den Beginn des Wochenendes mit einem fiesen ungesunden Pommes-Snack vor dem Fernseher. Manchmal sind wir in ein Spiel vertieft, so dass ich das Abendbrot auf einem Tablett ins Kinderzimmer trage.
    Das darf hier bei uns zu Hause gerne so sein. Manchmal.
    Nur gefrühstückt wird grundsätzlich immer zusammen am Esstisch.

    9. Kleckern ist erlaubt.
    Mal ehrlich, das passiert den Besten! Auch mir fällt ständig was von der Gabel oder rutscht von Teller. Das ist total in Ordnung. Wichtig dabei ist nur, dass man das Verkleckerte selbst beseitigt oder zumindest tatkräftig dabei unterstützt.

    Wenn ich mir unsere Regeln so anschaue, stelle ich fest, dass die sicher nicht Knigge-tauglich sind. Aber Essen ist für uns nun mal eher Spaß und Notwendigkeit und keine elitäre, förmliche Angelegenheit. Einerseits ist es wichtig, dass gute, wertvolle Nahrung in unseren Körpern landet, damit wir Kraft und Energie haben, andererseits ist es ein gemeinsames Beisammen sein, dass natürlich schön und gerne auch lustig sein darf.

    Wie seht ihr das?
    Welche Regeln gelten an eurem Esstisch?


    7 Kommentare:

    1. das klingt doch alles sehr vernünftig.
      "meine" wichtigste Regel am Esstisch - und auch sonst - nie mit vollem Mund sprechen.
      das finde ich nämlich super ekelig, und meist versteht man sein Gegenüber auch nicht sonderlich gut ;-).
      LG, Tina

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      1. Ohja! Das stimmt so sehr!
        Und dann hüpft beim Essen schlimmstenfalls was Zerkautes aus dem Mund, landet auf dem Tisch und man kann den Erzählungen erst Recht nicht mehr folgen, weil die Augen den feuchten Essensfleck auf dem Tisch fixieren und man in Gedanken bereits ein Würgen unterdrückt...

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    2. Ich mag deine Regeln. Bei uns ist es recht ähnlich, nur die Kuscheltiere haben Küchenverbot und außerhalb der Küche wird nur zu besonderen Anlässen gegessen. Zum Silvesterbuffet dürfen die Jungs mal vorm Fernseher sitzen.
      Mich selbst regen sämtliche Essgeräusche wahnsinnig auf. Seit mein Großer in den Herbstferien zwei Wochen bei den Omas und Opas war, ist er auf Werkseinstellung zurück gesetzt. Soll heißen: bei jedem zweiten Bissen steht der Mund weit offen. Das ist ein absolutes No-Go.
      Meine Jungs sind aber auch schon ein wenig älter als dein Töchterchen. Durch den morgendlichen Streß schaffen wir es nur am Wochenende in Ruhe und vorallem gemeinsam zu frühstücken. Das darf dann auch mal etwas länger dauern.
      LG Mira

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      1. Hahaha, das mit den Werkseinstellungen hast du schön ausgedrückt!
        Aber das kenne ich auch.
        Bei den Großeltern herrschen zwar einerseits strengere Regeln (Immer am Tisch essen, immer sitzen bleiben, nie die Finger benutzen), aber andererseits wird da auf einige Sachen scheinbar gar nicht geachtet.
        Nach "Ferien bei Oma" isst das Zuckermädchen nur noch ausgewählt und verlangt nach zig Extrawürsten und der kleine Mund hat scheinbar eine Aversion gegen das Geschlossensein entwickelt. XD
        Schön, dass es nicht nur bei uns so ist!

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    3. Bei uns ist es ganz ähnlich, ausser:
      Am Wochenende wird schon auch mal im Bett gefrühstückt! Die Mädels finden das so toll und es ist wirklich gemütlich und kuschelig und ein spezielles Ereignis! Gutes Buch dazu oder Hörspiel, bisschen kuscheln...Ja, die Brosamen im Bett sind lästig, aber mit einem Fuselroller ist schnell wieder sauber. Auf alle Fälle mal einen Versuch wert!
      Lg aus der Schweiz
      Andrea

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    4. Als ich anfing zu lesen dachte ich ... da bin ich mal gespannt wo das hinführt ... und siehe da - genau wie bei uns. Was mich wirklich nervt sind Kinder, die ständig während des Essens aufstehen und dann nur zwischen Tür und Angel essen oder eben nicht - wie du so schön sagtst auch nicht ungefährlich und wohin das führt ist wohl absehbar. Nicht am Tisch essen ist bei uns eine sehr sehr seltene Ausnahme. Und komisch - Reden mit vollem Mund oder das öffnen desselben war bei uns noch nie interessant ... hoffen wir das es so bleibt. Ich wünsche euch entspannte Mahlzeiten! LG Ingrid

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